1898 | Dr. med. Wilhelm Heinrich Schüßler über die Charakteristiken der biochemischen Mittel:
Kieselsäure, Silicea.
Die Kieselsäure ist ein Bestandtheil der Zellen des Bindegewebes, der Epidermis, der Haare und der Nägel.
Hat in einer entzündeten Bindegewebs- oder Hautparthie ein Eiterherd sich gebildet, so ist Silicea anwendbar.
Nachdem durch eine Zufuhr von Silicea-Molekülen die durch den Druck des Eiters verminderte Funktionsfähigkeit der Bindegewebszellen in integrum restituirt worden, sind die letzteren im Stande, Feindliches (den Eiter) abzustoßen; demzufolge wird der Eiter entweder mittels der Lymphgefäße resorbirt, oder er wird nach außen gedrängt; im letzteren Falle vollzieht sich ein s. g. spontaner Durchbruch des Eiterheerdes.
Die Silicea kann auch bewirken, daß ein in einem Gewebe befindlicher Bluterguß mittels der Lymphgefäße resorbirt wird.
Wenn die Resorption eines in einem serösen Sacke befindlichen seroalbuminösen Exsudates mittels Calcarea phosphorica nicht bewirkt werden kann, so ist Silicea anwendbar, weil die Verzögerung der Resorption auch durch ein Manco an Silicea in dem subserösen Bindegewebe bedingt sein kann.
Die Silicea heilt auch chronische gichtisch-rheumatische Affectionen, indem sie mit dem Natron des harnsauren Natrons eine lösliche Verbindung (Natronsilicat) bildet, welche von den Lymphgefäßen aufgenommen und fortgeführt wird. Aus gleichem Grunde ist sie auch gegen Nierengries anwendbar.
Die Silicea kann auch unterdrückten Fußschweiß wieder hervorrufen und somit ein indirectes Heilmittel der nach Fußschweißunterdrückung entstandenen Krankheiten (z. B. Amblyopie, Kataract, Lähmungen ec.) werden.
Wird eine Parthie Bindegewebszellen allmälig arm an Silicea-Molekülen, so atrophiren sie. Eine solche Krankheit beobachtet man nicht selten im äußeren Gehörgang alter Leute. Die betr. Gehörgänge sind erweitert und trocken*).
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*) In Betreff der Dosis vide die Anmerkung unter der 12. Seite. (Ferrum phosphoricum, Silicea und Fluorcalcium verabreiche ich in der 12. Verreibung.)